Persönliche Gottesbeziehung Cardenals
Kosmischer Gesang V
Persönliche Gottesbeziehung Cardenals
Kosmischer Gesang V
"Und ich begriff eines Tages,
dass in Gott verliebt sein hieß,
ins Nichts verliebt zu sein.
Und leidenschaftlich verliebt,
Oder meinte, zu begreifen." (441)
Ernesto Cardenal feiert mit seiner christlichen Kommune in Solentiname das Abendmahl (ca. 1968)
Cardenals Große Mystische Erfahrung am 2. Juni 1956
"Die Stunde Null" (Verlorenes Leben 71 ff)
Cardenals religiöse Sozialisation
361: „Als ich dich (Gott) fand, fand ich mich. Als ich mich fand, fand ich dich.
In meiner Jugend gab es keine Sehnsucht, die nicht ging nach DIR“ (Gott)....
Das ganze Leben habe ich ein höheres Etwas gesucht,
um es nicht nur mit dem ganzen Herzen,
sondern mit dem ganzen Universum zu lieben.“
„Wie diese zwei Sankt-Niklaus-Täubchen sind wir,
wenn eins davonläuft,
läuft das andre hinterher…
Wenn DU mir entwischt
laufe ich dir nach,
und wenn ich es bin, der fortläuft,
folgst DU mir.“ (480)
Aus den 1998 veröffentlichten Erinnerungen (Bd I: Verlorenes Leben - VL) gewinnt der Leser ein aufschlussreicheres Bild von der religösen Sozialisation Ernesto Cardenals und seinem sozialen Umfeld als durch die spärlichen autobiografischen Einschübe in seine "Gesänge des Universums".
Hineingeboren in die begüterte und gebildete Oberschicht Nicaraguas, genoss er in Jugend und jungem Erwachsenenalter die Privilegien eines Bohemien. Da ist die Rede von feudalen Häusern, Dienstpersonal, eigenem Auto, "viele Feste, mehrmals in der Woche, große und kleine, bei jemandem zu hause, im ´Country Club` oder in einem der anderen exklusiven Clubs ... oder die 12-Uhr-Messe am Sonntag, wo sich all die jungen Leute trafen, ... und schließlich Sonntags nachmittags extravagante Pferderennen, denen Somoza beiwohnte" - und die bzw. den der jugendliche Ernesto in Epigrammen ironisierte. Eine regimekritische Distanz wird schon sichtbar - offensichtlich nicht nur eine intellektuelle Attitude. Denn er "schrieb häufiger in der ´Prensa` Artikel gegen Somoza, als Mitglied einer Oppositionspartei UNAP, die klein, doch sehr militant war" (VL 25).
Schon früh machte sich Ernesto Cardenal einen Namen als Verfasser von Liebesgedichten.
Inspiriert wurde er offensichtlich durch berühmte Dichter Nicaraguas, die im Haus seines reichen Vaters, seiner gebildeten Goßmutter Agustina oder seiner belesenen und frommen Tante Trinidad ein- und ausgingen. Ein Vetter und ein Onkel zählten zu den angesehensten Dichtern Nicaraguas.
Wohin sollte die Lebensreise von Ernesto Cardenal gehen? Die Suche nach Gott fand ihren Ausdruck bisher im häufigen Messbesuch, im Rosenkranzgebet, in jährlichen Exerzitien nach Ignatius von Loyola, im Lesen von religiösen Büchern.
Nach einer gescheiterten Liebesbeziehung mit "Ileana" geschah der "Große Durchbruch". Ein mystisches Erlebnis brachte ihm die entscheidende Lebenswende. Wie Blaise Pascal und andere Mystiker konnte er diese unvergessliche Erfahrung zeitlich und örtlich genau datieren. ES geschah am Samstag, dem 2. Juni (1956) um die Mittagszeit gegen ein Uhr in seiner Buchhandlung auf der Avenida Roosevelt. Ernesto Cardenal war 31 Jahre alt.
Zu dem religiös-kirchlichen Milieu in den 40-er und 50-er Jahren gibt es kaum differenzierte Aussagen Cardenals. Vermutlich bestimmte die übliche konservative kirchlich-sakramentale Praxis und Volksfrömmigkeit mit regelmäßigem Kirchgang, Festen, Prozessionen, Wallfahrten, Marienverehrung, Rosenkranzgebet usw. auch das Leben der kath. Oberschicht in Nicaragua.
Mit 18 Jahren beginnt Cardenal das Studium der Literatur, Philosophie und Theologie in Mexiko, das er 1947 mit einer Masterarbeit über die "Sehnsucht und Sprache in der neuen Lyrik Nicaraguas". abschließt. Seine Zeit in Mexiko bezeichnet er später als "mystische Periode" (VL 47). Anschließend studiert er zwei Jahre englische und nordamerikanische Literatur an der Columbia University in New York. Auf der Hinreise liest er Schriften von spanischen Mystiker*innen. Er gerät in den Bann von Juan de la Cruz und übernimmt von ihm den Grundsatz, "dass man, um Gott zu besitzen, auf absolut alles verzichten muss" (VL 50). Verstärkt wird diese Ansicht durch Gedichte und die berühmte Autobiografie "Der Berg der sieben Stufen" von Thomas Merton, der ihn sehr zu interessieren beginnt, weil dieser die Lebensentwürfe "Poet" und "Mönch" idealiter
miteinander verband und überzeugend lebte.
Von NYC aus reist Cardenal ein paar Monate nach Europa (Madrid, Paris, Italien). Zurückgekehrt nach Managua, wird er im Buchwesen tätig, er gründet Büchereien und einen Verlag.
Die Villa der Großeltern in Granada, dem Geburtsort Ernestos
Ernestos Großvater Salvador (2. links oben) mit Geschwistern
"Casa de Los Leones" das Löwenhaus, wo Cardenal in seiner Kindheit lebte
Ernesto (sitzend) und sein älterer Bruder Popo
Ernesto im Alter von 19 Jahren zur Zeit seines Studiums in Mexiko
Meine Stunde Null
"Am Samstag, dem 2. Juni (1956) um die Mittagszeit gegen ein Uhr war ich in meiner Buchhandlung ...
und plötzlich das Sirenengeheul der Autokarawane von Somoza, der von einer Trauung aus der Kathedrale kam und in seinen Präsidentenpalast zurückfuhr. Jenes Sirenengeheul klang mir in den Ohren wie Siegestrompeten. Ein Sieg über mich selbst...
Ernesto als Student
auf einem Boot in Mexiko
Ernesto nach der Rückkehr von seiner Europareise 1952
Studienkollege und Ernesto 1949 in Paris
"Und die Seele, die ihr ganzes Leben lang dem Glück nachgelaufen ist, ohne je satt zu werden, und ohne Unterlass die Schönheit und die Lust und die Seligkeit und den Genuss gesucht hat, ruft jetzt, ertränkt in einem Meer unerträglichen Genusses, uferlos und grundlos, vollkommen überwältigt, durchdrungen von einer solchen Süße: ´Genug! Genug!´ ... Das alles währt vielleicht eine Sekunde; danach findet die Seele, dass alle Freuden und Schönheiten und Lüste dieser Welt verblasst sind ...
Ca. 40 Jahre früher (im Trappistenkloster Gethsemani 1959 geschrieben) hatte Cardenal sein einmaliges mystisches Erlebnis im "Buch der Liebe" als eine Erfahrung dargestellt, die jeder auf seiner spirituellen Reise machen kann. Er schrieb:
Aus: Erinnerungen Bd I Verlorenes Leben 79 ff (1997 geschrieben)
Und ich spürte, dass so etwas wie ein Wndhauch in meine Seele fuhr, etwas sehr Subtiles, von dem ich schon zuvor ein wenig hatte probieren können: der Frieden des heiligen Ignatius... und es wurde immer größer. Und es wurde von einem köstlichen Frieden zu einem großen Genuss, einer riesigen Lust, die immer größer wurde, bis ich sie nicht mehr auszuhalten vermochte. Und ich spürte, dass es mir sagte, mir mitteilte, ohne es in Worte zu fassen: ´Das ist es, was ich schon so lange gewollt habe. Jetzt sind wir endlich vereint.`
Und ich spürte, dass meine Seele immer heftiger umarmt wurde von dieser grenzenlosen Lust. Und da sagte ich, er solle mir nicht noch mehr davon geben, weil ich sonst sterben müsste. Und mir scheint, es stieg nur noch etwas mehr an und hörte dann auf. ich fühlte, dass jetzt mein Leben wirklich völlig anders sein würde."
Freundschaften, Wein, Frauen, Reisen, Feste, alles ist für immer verblasst, und die Seele wird niemals mehr ein anderes Glück empfinden, das nicht das Glück ist, das sie gekostet hat."
DAS, was Ernesto Cardenal am 2. Juni 1956 um 13 Uhr in seiner Buchhandlung in Managua mental und psychisch überwältigte, ist von zahlreichen spirituellen Suchern aller Religionen und Konfessionen erlebt und meist erst nach langem Verschweigen mitgeteilt worden.
In seinem poetischen Hauptwerk "Gesänge des Universums" blickt Ernesto Cardenal 1989 zurück auf die 33 Jahre, die seit dem 2. Juni 1956 vergangen sind; auf ein bewegtes Leben: seinen Eintritt in das Trappistenkloster Gethsemani in den USA, das Theologiestudium in Mexiko und Kolumbien, seine Priesterweihe in Managua; er bringt in Erinnerung die Gründung einer christlichen Kommune in Solentiname, den sandinistischen Befreiungkampf gegen die Unterdrückung und Ausbeutung durch das Somoza-Regime. Sein "Universaler Lobpreis" greift alle Lebensstationen auf und bringt sie vor das Angesicht DESSEN, DER/DAS ihn am 2. Juni 1956 überwältigt hatte. Seine sporadischen Zettel-Aufzeichnungen fügt er 1989 in 43 Gesängen zusammen. Gott ist immer wieder der Ansprechpartner, dem er sein Loblied singt, das Große DU, mit dem er sich in allen Lebensphasen unzertrennlich vereint fühlt. Zugleich ist und bleibt "Gott" der/das Unbekannte, Unsichtbare, Unnennbare, der ganz Andere, die totale Leere, das Nichts.
"In meiner Jugend gab es keine Sehnsucht, die nicht ging nach DIR“ (Gott)....
Das ganze Leben habe ich ein höheres Etwas gesucht." (361)
Verarbeitung der "Großen Mystischen Erfahrung" im "Cántico Cósmico"
„Ich hatte mit ihm ein Verhältnis, und es ist nicht nur ein Begriff.
Sein Antlitz über meinem Antlitz,
und jeder von uns beiden nicht mehr zwei,
sondern ein einzig Antlitz.
Zu der Zeit, als ich ausrief:
Das bist du, Gott!" (473)
„Geduldig wie der Jäger
Und der Fischer
hast du auf mich gewartet,
und ich war weit von dir.
Hast viele Jahre auf mich gewartet,
Jahre meines verrückten Lebens,
Einmal, da paßte ich nicht auf,
und als der Augenblick gekommen war,
da warst du wie der Jäger
und der Fischer
schnell da." (478)
DAS, was Blaise Pascal, Teresa von Avila und anderen Menschen eine endgültige Lebensorientierung eröffnet hat, überschreiben sie mit unterschiedlichen Worten: "Großer Durchlass", "Leerheit", "Dunkle Nacht", "Sturz ins Nichts", "Sartori", "Essentielle Seins-Erfahrung", "Erleuchtung", "Pure Präsenz", "Vereinigung mit Gott", "In Christus Zu-Grunde-Gehen und Erwachen". Ähnlich wie Cardenal oder sogar übereinstimmend mit seinen Formulierungen beschreiben sie einzelne Merkmale:
JAHR DER GNADE 1654
Montag, den 23. November, Tag des heiligen Klemens, Papst und Märtyrer, und anderer im Martyrologium.
Vorabend des Tages des heiligen Chrysogonos, Märtyrer, und anderer.
Seit ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht
FEUER
Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten.
Gewissheit, Gewissheit, Empfinden: Freude, Friede. Der Gott Jesu Christi.
Deum meum et Deum vestrum.
Dein Gott ist mein Gott.
Vergessen der Welt und aller, nur Gottes nicht.
Er ist allein auf den Wegen zu finden, die das Evangelium lehrt.
Größe der menschlichen Seele Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich.
Freude, Freude, Freude, Freudentränen.
Ich habe mich von ihm getrennt.
Dereliquerunt me fontem aquae vivae.
Mein Gott, wirst du mich verlassen?
Möge ich nicht auf ewig von ihm getrennt sein.
Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.
Jesus Christus!
Jesus Christus!
Ich habe mich von ihm getrennt, ich habe mich ihm entzogen, habe ihn geleugnet und gekreuzigt.
Möge ich niemals von ihm getrennt sein.
Er ist allein auf den Wegen zu bewahren, die im Evangelium gelehrt werden.
Vollkommene Unterwerfung unter Jesus Christus und meinen geistlichen Führer.
Ewige Freude für einen Tag der Mühe auf Erden.
Non obliviscar sermones tuos. Amen.“
2. Die achte Station der Zen-Parabel „Der Ochs und sein Hirte"
zeigt das Sartori-Erlebnis des Hirten auf der Suche nach dem Wahren Selbst.
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Exkurs:
Paradigmatische Große Seinserfahrungen -
durch Blaise Pascal, den Zen-Hirten und Teresa von Avila
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1. Das „Mémorial" von Blaise Pascal (1623 - 1662)
Der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal hatte im Jahre 1654 - wie Ernesto Cardenal war er 31 Jahre alt - eine mystische Erfahrung, die er in seinem berühmt gewordenen Mémorial (Gedenkblatt) beschrieb.
Es handelt sich um einen Text auf einem schmalen Pergamentstreifen, den Pascal bis zu seinem Tod offensichtlich immer wieder neu in das Futter seines Unterkleides eingenäht hatte und der nach seinem Tod von einem Diener zufällig entdeckt wurde. Pascal trug diesen Zettel immer bei sich.
Blaise Pascal (1623 - 1662)
3. Teresa von Avila (1515 - 1582)
"Ich sollte noch Gewaltigeres erleben. Es war am Tag vor Pfingsten. Nach der Messe zog ich mich zurück und las in einem Buch über das Fest nach, über die Zeichen, die sowohl Anfängern wie Fortgeschrittenen und Vollkommenen zuteil werden, damit sie erkennen, dass der Heilige Geist mit ihnen ist.
Es überkam mich eine Entzückung, die so ganz anders war als die vorhergegangenen. Meine erregte Seele strebte mit aller Macht aus dem Körper weg. Ich musste mich, obwohl ich sah, dazu noch anlehnen, weil mein Leib völlig schwach war. Auf einmal sah ich über meinem Kopf eine Taube schweben, mit Flügeln aus kleinen Muscheln, die Glanz ausstrahlten,Ich vernahm den Flügelschlag ein Ave Maria lang. An sich hätte eine solche Gnade meinen Geist beruhigen müssen; doch indem er begann, sich dieser zu erfreuen, verlor er alle Angst. ward ruhig und verblieb in wonnevoller Verzückung.
Während der Pfingsttage war ich wie betäubt. Ich erfuhr, dass meine Liebe zu Gott voranschritt und dass die Tugenden in mir viel stärker wurden. Lob und Preis sei Gott dafür in alle Ewigkeit. Amen!" (S. 118)
vgl. http://www.adolf.frahling.de/Webseite/Innere_Wohnungen_%28Achtsamkeit%29.html
und http://www.adolf.frahling.de/Webseite/Teresa_%28Innere_Burg%29.html
Peitsche und Zügel, Ochs und Hirt sind spurlos zu Nichts gewordem.
In den weiten und blauen Himmel reicht niemals ein Wort, ihn zu vermessen.
Schneeflocken fallen in die Sonne.
Mit einem Schlag bricht jäh der große Himmel in Trümmer.
Heiliges, Weltliches spurlos verschwunden. Im Unbegangenen endet der Weg.
Alle Wasser von allen Flüssen münden ins große Meer.
Wenn einer hierher gelangt, scheint der Spiegel seines Herzens klar, und sein Wesen öffnet sich weit und aufgeräumt. Die vollkommene Vergessenheit von Ochs und Hirte ist das letzte Tor auf dem Weg des Aufgangs. Hier glüht das Feuer, in dem alle Unterscheidungen verbrannt werden. Das Hier und Jetzt erfüllt über alle Zeiten und Räume den ganzen Kosmos.
Weit aufgeräumt. Nichts Heiliges. Über dem Kopf gibt es kein Dach und unter den Füßen keine Erde.
Teresa von Avila
(1515-1582)
Vollkommene Überwältigung -
Es geht um "Alles oder Nichts"; "Alles riskieren!" -
Kosmische Leere, absolute Armut in mir selbst und köstlicher Frieden, durchdrungen von einer durchdringenden Süße, grenzenlose Lust; uferlos und grundlos -
Vereinigung, Umarmung -
Verblassung aller bisherigen Freuden.
Aufschlussreich ist auch der von Cardenal ausgewählte jesuanische Zusatz auf dem Cover der spanischen Erstausgabe und der deutschen Übersetzung aus Lukas 9, 24 "Denn wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es erhalten".
(Weitere Informationen zu dieser einmaligen "Großen Seinserfahrung" auf meiner Webseite:
http://www.adolf.frahling.de/Webseite/VIII.Leere-Fuelle.html)
"Wir sind ihm so nah, daß wir ihn nicht sehen.
Er ist nicht Er noch Sie: größer noch als ´Gott`, sagt Eckhart…
Ich schließ die Augen
und du kommst näher,
in der Nacht des Nichts,
wie gut kenn ich deinen Geschmack
und du den meinen.
Geliebter und Geliebte,
stilles Streicheln
in der dunklen Nacht des Nichts…
Er ist nicht oben, sondern vor uns,
anwesend in allem,
doch so abwesend von allem,
daß es völlig vernünftig ist, Atheist zu sein…
Nun gut, so soll es sein.
Und ich, ich hab mich ihm ganz hingegeben.“
„ein MOMENT DER DUNKLEN NACHT“ (479)
"Er läßt sich spüren und nicht spüren…
Etwas in mir, nicht hier im Körper, sondern weiter noch in mir,
wird umarmt, umarmt auch selbst und wird umarmt,
vereint gibt es auf irgendeine Weise zwei in einem, zwei einzige,
Süße mit Süße hier in einer einzigen Süße…
Es ist, als hätte ich die Nacht umarmt,
ganz schwarz und leer,
und leer bin ich von allem
und will garnichts,
es ist, als sei das Nichts in mich gedrungen.
Ich fühl ihn so, als sei er irgendwie allein im Universum.
Gott Liebe suchend wie ich selbst.
Für den ich einst an jenem Tag,
auf ein oder zwei Mädchen verzichtete.
Wegen dieses einen Instinktes, eins mit dem Einen zu sein,
in dem all die geteilten Dinge ganz vereint sind,
gab ich mein Säckchen Illusionen her,
und meine Handvoll Träume.“ (474)
"In Bagdad, oder vielleicht in Damaskus,
jenes: Oh, du, der du ich bist.
Doch auch zur gleichen Zeit die andre Stimme:
Zwischen Dir und mir ist ein Ich bin, das mich so quält.
Das Öffnen meiner Arme,
und ich umarme Luft.
Du mein großes Nichts, geliebtes Großes Nichts.
Mich dir mit aller meiner Kraft entgegenwerfen und nichts fühlen.
Umarm ich nichts als nur meine eignen Arme.
Genau wie jene düstere Region dahinter, wo das Universum endet". (473)
„Daß du und ich uns eines Tages in den Armen liegen, wie es wimmernd, mit geschlossenen Augen die Liebenden tun,
an einem unendlichen Ort und zu einer Zeit der Ewigkeit,
doch grad so wirklich, als sagte ich: Heut Abend um halb acht.“ (478)
„Einmal sah ich auf den See…
Und über dem See die blauen Berge,
und über den Bergen der blaue Himmel,
Wasser und Erde himmelsfarben.
Da war es, daß ich sage:
Wann werde ich dich von Angesicht zu Angesicht erblicken?“ (478)
Von E. Cardenal angefertigtes Kruzifix in der Kapelle des Noviziats
Ich ergab mich Gott. Ich hatte das Gefühl, dass ich nun schon genug umsonst gekämpft hatte. Dass mir nichts anderes mehr übrigblieb, als Gott auszuprobieren. Alles riskieren! Und sehen, wie es mir damit ging.
Ich sagte aus tiefster Seele: ´Ich gebe mich hin.` Als ich mich so hingab, spürte ich in mir eine Leere, die ich nicht anders benennen kann als ´kosmisch`. Die absolute Armut in mir selbst. Ich hatte jetzt nichts mehr.
Ernesto mit 22 Jahren
Noviziat im Trappistenkloster Gethsemani (USA)
Theologiestudium in Mexiko u. Kolumbien, Priesterweihe in Managua
(1957 -1965)
Kosmischer Gesang VI
Weitere Überlegungen folgen ...